Der glückliche Bediener

Wolfgang ist Projektleiter Digitalisierung Betrieblicher Prozesse des fiktiven deutschen Softdrinkunternehmens Jungle Power. In den Niederlanden macht er sich mit der digitalen Bediener-App EZ-GO vertraut. Er ist noch keineswegs von dem Nutzen der App überzeugt, aber ein Treffen mit der Bedienerin Bianca, einer temperamentvollen Dame, die kein Blatt vor den Mund nimmt, wird das bald ändern.

Zwei Wochen zuvor hat Wolfgang ein langes Telefongespräch mit John Veldman geführt, Teamleiter in der niederländischen Fabrik des Herstellers von Jungle Power, eines gesunden Erfrischungsgetränk, und begeisterter Nutzer der App. John sprach immer wieder von den großen Vorteilen, aber Wolfgang ist ein vernünftiger Mann, der nicht alles glaubt, was man ihm erzählt – schon gar nicht am Telefon. Er wird heute in der Fabrik in Veghel herumgeführt und ist kritisch eingestellt. Denn wenn er dieser App tatsächlich zustimmt, werden sie sie in allen sechzig Fabriken von Jungle Power weltweit einsetzen – keine leichte Entscheidung, und er will keine Fehler machen.

Fließende Prozesse

John empfängt ihn herzlich, bietet ihm sogar eine gute Tasse Kaffee mit Kuchen an (die Holländer lernen es so langsam), wonach sie eine Treppe zur Aussichtsplattform hinaufsteigen, von der aus man die ganze Fabrik überblicken kann. Wolfgang muss es zugegeben, alles sieht sehr durchorganisiert aus. Doch das ist an ihrem deutschen Hauptstandort auch der Fall, und dafür brauchen sie keine App.

John Veldman beginnt begeistert, über den Umsetzungsprozess zu erzählen, in hervorragendem Deutsch. Trotzdem fällt es Wolfgang schwer zuzuhören, da seine Aufmerksamkeit auf den Arbeitsbereich gelenkt wird. Wie die Menschen dort ständig in Bewegung sind, aber nie in Eile zu sein scheinen, es ist ein fließender Prozess, fast ein Tanz. Er schüttelt den Kopf und ruft sich zur Ordnung. Du bist nicht hier, um poetisch zu sein, Wolfgang, du heißt nicht Goethe, bleib sachlich.

In der Praxis

Wolfgang unterbricht John mitten in einem Satz über die Tonnen Papier, die sie jetzt einsparen. „Können wir uns das nicht einfach in der Praxis angucken?“, fragt er.

John strahlt. „Sehr gerne.“

„Dann würde ich gerne mit einem Bediener sprechen, sozusagen an der Quelle anfangen.“

„Das ist überhaupt kein Problem. Wir müssen uns nur eben Schutzkleidung überziehen.“

Im Umkleideraum klickt John auf einen Bildschirm, auf dem ein Video Schritt für Schritt zeigt, wo sich die Overalls, Haarnetze und Schuhüberzüge befinden und wie man sie anzieht.

„Ist das, äh…“, beginnt Wolfang.

„EZ-GO, ja, jetzt da Sie es sagen.“

Einmal in der Fabrik sieht sich Wolfgang die verschiedenen Bediener erstmal von Weitem an. Er möchte mit der Person sprechen, die am seriösesten guckt. „Die Frau dort, mit dem strengen Pferdeschwanz, an der Verpackungslinie.“

„Das ist Bianca“, sagt John, „eine unserer besten Bedienerinnen. Sind Sie sich sicher?“

„Warum, was meinen Sie?“

„Sie nimmt ihre Arbeit sehr ernst und wird nicht gerne unterbrochen.“

„Umso besser, stellen Sie mich ihr vor.“

Bianca

Bianca arbeitet ungestört weiter, während sie Wolfgangs Fragen kurz und knapp beantwortet. Wie lange sie schon hier arbeitet. Vierzehn Jahre. Ob sie mit der App zufrieden ist. Ja. Inwieweit sich ihre Arbeit dadurch verbessert hat. Jetzt hält sie kurz inne und sieht Wolfgang streng an, ohne die Mundwinkel zu verziehen, mit stechenden grünen Augen, während sie ein iPad herauszieht. „Schauen Sie mir doch einfach zu. Dann spar ich mir die Zeit für lange Erklärungen und werden alle Ihre Fragen gleich beantwortet.“

Obwohl sie es auf Niederländisch gesagt hat, versteht er, was sie meint, und es fällt ihm nicht ein, ihr zu widersprechen. Er schaut also zu.

„Sie haben Glück, denn dies ist der Abschluss der Reinigungs- und Inspektionstour am Ende der Woche. Das sind zehn Inspektionen, die sicherstellen, dass meine Linie für das Wochenende in einem Top-Zustand ist und bleibt. Wir wollen doch keine Probleme beim Beginn der Wochenendschicht, oder?“

Nein, nein, sicher nicht“, stimmt Wolfgang schnell zu.

Sie zeigt ihm die EZ-GO-App auf einem iPad, klickt auf die Schaltfläche Checklist End of Week Cleaning & Inspection und es erscheint eine Übersicht der Punkte, von denen sie den ersten öffnet: Cleaning 3 sensors packing machine.

„Auf Englisch?“, fragt Wolfgang.

Sie schaut auf. „Denken Sie vielleicht, dass ich kein Englisch kann? Es arbeiten hier auch Menschen aus dem Ostblock, und aus Spanien und Somalia und was weiß ich woher noch überall. Die müssen das doch auch verstehen können?“

„Ja, natürlich, Frau Bianca.“

Prüfen, verbessern, verhindern

Auf dem Bildschirm erscheint eine Reihe von Bildern: drei Sensoren und die Art und Weise, wie sie sauber gewischt werden sollten. Es ist eine Frage von Sekunden; routinemäßig macht sich Bianca an die Arbeit und hakt auf dem Bildschirm alles ab. „Fertig. Möchten Sie noch mehr sehen oder kann ich weiterarbeiten?“

„Ich würde gerne noch mehr sehen.“

Ihr Finger bleibt kurz über dem nächsten Punkt auf dem Bildschirm hängen: Remove glue residue. Zum ersten Mal huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. „Das ist ein guter Aktionspunkt“, sagt sie. „Echt toll. Jahrelang hatten wir immer wieder Probleme mit dieser Kartonklebemaschine. Auf den Rollen des Förderbandes blieben Leimreste zurück, wodurch das Band immer schlechter lief. Bis wir einmal einen fünfstündigen Stillstand hatten, weil das Förderband gerissen war. Fünf Stunden! Wissen Sie, wie viele Kartons das sind? Das Band war nicht vorrätig, wir mussten also auf ein neues Band warten – sie kennen das bestimmt.“

Er hat keine Ahnung, nickt aber mitfühlend.

„Jedenfalls haben wir, als das behoben war, einen Zettel an die Maschine gehängt: In jeder Schicht Leimreste entfernen. Und was denken Sie?“ Sie wartet seine Antwort nicht ab. „Das machte niemand, außer mir. Manchmal. Nun gut, ein halbes Jahr später: Band wieder kaputt, neues Band nötig, nicht vorrätig, Eilbestellung aufgegeben – wieder eine Schicht lang Stillstand. Neuen Zettel ausgedruckt, in grellen Farben und mit Ausrufezeichen. Aber sie raten es bestimmt schon.“

„Niemand entfernte die Leimreste, außer Ihnen.“

Sie nickt. „Und dann kam John mit seiner App. Ich dachte noch, was soll ich denn jetzt damit? Ich bin überhaupt nicht technisch und wir müssen einfach nur saubermachen, warum verstehen die anderen Kollegen das nicht? Doch John hat sich durchgesetzt, und jetzt bin ich froh. Entschuldigung, das war eine lange Erklärung, aber ich zeige es Ihnen jetzt.“ Sie öffnet den Arbeitsschritt Remove glue residue. Es erscheint ein Video von weniger als zehn Sekunden, das zeigt, wie die Leimreste an der Unterseite des Bandes entfernt werden, damit sie sich dort nicht ansammeln können. Bianca führt den Arbeitsschritt aus, hakt ihn ab und schaut Wolfgang an.

„Ist das alles?“, fragt er und bereut es sofort.

Bianca guckt ihn streng an. „Alles? Das erspart uns tagelange Produktionszeit pro Jahr! Außerdem läuft die Maschine besser. Und wodurch?“ Durch einen Arbeitsschritt von wenigen Sekunden. In der ersten Version der App war das noch eine alltägliche Aktion, aber weil das jetzt jeder machte, wurde die Maschine nicht mehr so schmutzig und konnten wir es auf zweimal pro Woche reduzieren. Dann fragte ich mich, ob es nicht auch am Leim lag, und das habe ich dann in der App gemeldet. Schauen Sie, das ist hier möglich.“ Sie zeigt ihm die Schaltfläche Aktion melden. „Es stellte sich heraus, dass es inzwischen tatsächlich besseren Leim gab. Jetzt müssen wir das Band also nur noch einmal pro Woche reinigen. Verstehen Sie?“

Wolfgang versteht es sogar sehr gut. In seinem Kopf beginnt er bereits zu berechnen, welche Vorteile sie damit erzielen können, aber bevor er zu einem Ergebnis kommt, läutet eine Glocke.

„Kaffee!“, freut sich Bianca. „Ich hake noch schnell die Punkte ab, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“

Wolfgang schaut neben sich und bemerkt erst jetzt, dass John auch noch da ist.

Der lacht: „Verstehen Sie nun, warum ich Sie gebeten habe, sich das alles einmal in der Praxis anzusehen? Die Menschen hier am Arbeitsplatz stehen wirklich dahinter, wir müssen kaum etwas dafür tun, um sie zu überzeugen.“

Wolfgang nickt. „Sag ruhig Du.“

Glück findet sich … in einem leeren Abfalleimer

„Vielen Dank, Frau Bianca“, sagt Wolfgang. „Sie hatten Recht, das beantwortet alle meine Fragen.“

„Nein, nein“, sagt sie, während sie in Ruhe die letzten Kontrollen ausführt. „Sie haben ja keine Ahnung. Sehen Sie diesen Abfalleimer dort drüben, mit den Folienresten? Sie zeigt auf einen leuchtend gelben Behälter. „Der war früher immer voll, die Folie lag sogar oft daneben auf dem Boden. Ich glaube, jemand aus Ihrem Büro ist sogar mal darüber gestolpert. Jetzt ist das ein Aktionspunkt in der EZ-GO-App, und zwar zu Beginn jeder Schicht. Der Leimbehälter: immer leer, als meine Schicht anfing. Jetzt ist auch das ein Aktionspunkt in der EZ-GO-App, am Ende jeder Schicht, sodass die Mitarbeiter der nächsten Schicht sofort starten können. Und sehen Sie diesen alten Computer dort, der schon ein bisschen Staub ansetzt? Dort mussten wir früher alle Punkte für die Erstwartung und Checklisten abholen: erst suchen, welche für deine Schicht die richtige war, dann versuchen, sich das zu merken, lieber doch ausdrucken, die Aufgaben und Kontrollen durchführen, zurück zum Computer, abhaken, speichern. Und wenn man etwas melden wollte, musste man auch einen Aktionspunkt erstellen und ihn per E-Mail verschicken, ein Foto hochladen – damit habe ich nicht mal mehr angefangen.

Die Einarbeitung ist ein Kinderspiel

„Und wissen Sie, was ich am schlimmsten fand?“ Sie schaut ihn kurz über die Schulter hinweg an. „Jemanden einarbeiten. Diese Arbeitsanweisungen waren in Ordnern, sie lagen dort unter dem Computer in einer Schublade und sie waren immer, aber auch wirklich immer veraltet. Derjenige, der einen anderen Mitarbeiter einarbeiten musste, war also der Dumme. Der konnte diese Arbeitsanweisungen dann jedes Mal anpassen. Sie können sich nicht vorstellen, wie viel Zeit mich das gekostet hat! Und diese neuen Mitarbeiter machten natürlich auch immer Fehler, denn die konnten sich das alles nicht merken. Jetzt, mit dieser App? Ich begleite sie einmal, zeige ihnen, wie es geht, und beim zweiten Mal machen sie es mit der App einfach selbst. Super easy, dieses EZ.“ Sie muss über ihren eigenen Witz lachen.

Wolfgang wird ganz still. Daran war wirklich nicht zu rütteln.

Bianca legt das iPad weg, beugt sich ganz nah zu Wolfgang herüber und zwinkert. „Wirklich wahr, sogar Sie könnten das.“ Dann dreht sie sich um und geht strammen Schrittes zur Kantine.

 

Das ist der siebte Teil einer Serie über das fiktive Unternehmen Jungle Power Drinks. Indem wir die Erfahrungen dieses Unternehmens mit der autonomen Instandhaltung und der EZ-GO-App beschreiben, zeigen wir, welche Möglichkeiten es gibt, die Sicherheit, Qualität und Produktivität des Betriebs zu verbessern. Lesen Sie hier Teil eins, zwei, drei, vier, fünf und sechs.

 

Randy Appiah

Robert Bouwman

Gründer EZ Factory

 

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